FASH 2010 Privacy / 7. Februar 2010

Michael Court


1. Preis
European Fashion Award FASH 2010

Die Kraft der Stille

Elektronische Geräte fesseln uns, die Vernetzung macht abhängig. Ständig sind wir Strahlungen und Informationen, Lärm und Missklang ausgesetzt. Virtuell leben wir viele Leben, real haben wir nur eins. Strenge Riten der Ruhe – ob Teezeremonie, Schwertkunst oder, wie hier, Kalligraphie, helfen den Geist zu lenken. Körper und Seele finden Form und Kraft – sie wachsen; auch über sich hinaus. Die innere Stille entfaltet sich – dann und wann, und auch mal mit einem Knall. Die Konzept-Kollektion „Die Kraft der Stille“ schafft einen Raum der reinen, inneren Ruhe. Geborgen und frei von jeglichen Zwängen. Alle Kleider sind für Männer und Frauen. Alle Teile lassen sich beliebig kombinieren. Sie sind rein und frei von jeder Ablenkung. Schwarz und weiß.


Jurybegründung Ob Kleider, Illustrationen oder Blindzeichnungen: die poetische Arbeit von Michael Court
verzaubert auf den ersten Blick. Obwohl Michael Court die Arbeit im 4. Semester realisierte, erkennt man bereits eine sehr eigenständige Persönlichkeit. Michael Court gibt auf das Thema „Privacy“ des European Fashion Award FASH 2010 eine ganz eigene Antwort; er traut seiner subjektiven Sicht auf die Welt, kann sie gesellschaftlich begründen und einordnen. Er entwickelt ein klares Konzept, das durch eine hochwertige und ästhetische Umsetzung überzeugt: Seien es die phantastischen Prints, das Spiel mit dem Volumen oder die perfekten Schnitte – die für Frauen und Männer gleichermaßen funktionieren. Wer die fließenden Kleider anzieht, versteht das Thema „Privacy“ unmittelbar. Die riesigen Volumen sind so fein herausgearbeitet, dass man sofort einen Raum der Ruhe um sich spürt. Michael Courts Entwürfe haben Tiefe, sowohl was das Wissen über die zitierte japanische Kultur angeht, als auch was den Mut zu einem sehr persönlichen Thema anbelangt. Michael Court möchte die Mode erneuern ohne zu verkleiden – und den Träger mitbestimmen lassen. Die Qualität in allen Bereichen – Wahrnehmung, Konzept, Entwurf,
Handwerk, Illustration, Sprache – ist absolut herausragend. Michael Court schafft was heute selten ist: ernsthafte Mode, die selbstverständlich wirkt. Ein größeres Lob können wir nicht aussprechen. — Mitglied der Jury Ivonne Fehn, Fashion Director Süddeutsche Zeitung Magazin, München

Ausbildung 4. Semester
Hochschule für Künste Bremen
Prof. Kai Lehmann

Kontakt michael.court@me.com

Medien
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Westdeutsche Zeitung, 9.02.2010 “Wettbewerb: Mode als Raum der Ruhe
Bild, 19.02.2010, „Meine Mode soll Frauen und Männern gefallen
Kölner Stadt-Anzeiger, 21.02.2010, “Die Kraft der Stille
Radio Bremen, Talkshow “Ansichten“, 22. März 2010, 18:45 Uhr
WDR, Lokalzeit, 24. März 2010, 19.30 Uhr

FASH 2010 Privacy / 7. Februar 2010

Birgit Brockbals


2. Preis
European Fashion Award FASH 2010

innen = außen

Gestaltung beginnt mit Wahrnehmung. Wahrnehmung beginnt bei Birgit Brockbals mit Fragen: Hast du heute Zeit für mich? Wo sind all die Arbeitsplätze hin? Ist Freizeit alles? Wann geht dein Zug? Warum sind die Menschen so unzufrieden? Kann ich dem Leistungsdruck standhalten? Geht es Opa wieder gut?
Die Kollektion „innen = außen“ durchbricht die Grenze zwischen Intimität und Öffentlichkeit, zwischen dem, was wir sind und dem, was wir von uns preisgeben. Durch Deformation der Silhouette wird ein neuer Zugang zum Gegenüber geschaffen: wandelbar und vielseitig, zerbrechlich und stark, zuversichtlich und Neuem zugänglich.
Die asymmetrischen Silhouetten wurden an Puppen modelliert. Kontraste wie plastisch und kristallin, weich und stabil, Stoffe wie Wollvelour, Baumwollsatin oder Wolljersey prägen das Bild der Kollektion und geben der Trägerin ein Gefühl der Sicherheit. So kann sie Chancen zulassen: Innen ist das neue Außen.


Jurybegründung Die sehr persönlichen Fragen im Konzept von Birgit Brockbals machen deutlich, dass sie sich in der Tiefe mit gesellschaftlichen Themen auseinander gesetzt hat. Diese starke Herangehensweise ist eine wichtige Qualität; sie hilft Birgit Brockbals zu vermitteln was ihre Themen sind. Das visuell sehr starke Showteil der Kollektion gibt mit den wie Puffer wirkenden Kissen eine erste, sehr eingängige, Antwort auf das Thema „Privacy“ des  European Fashion Award FASH 2010. Doch Birgit Brockbals bleibt nicht beim Effekt stehen. Sie überzeugt durch das stringente Spiel mit Volumen, Körper und Silhouetten sowie eine große gestalterische Sensibilität. Ihre Kollektion wahrt gut die Balance zwischen spektakulärem Showteil und Tragbarkeit. Die Schnitte funktionieren, bei allem Experiment, am Körper. Die Shirts und Leggins, die als Layer unter den Kleidern getragen werden können, ermöglichen der Trägerin zudem die Kleider nach ihrem Wünschen zu gestalten. Die Foto-Dokumentation des aufwendigen handwerklichen Prozess zeigt sehr gut, wie Birgit Brockbals an die Arbeit herangeht und sich die Entwürfe Stück für Stück erarbeitet. Diese handwerkliche Kompetenz ist heute selten. Ihre Farb- und Materialwahl ist gut. Diese persönliche und professionelle Qualität in der Ausarbeitung zeigt sich in allen Teilen der Präsentation.Mitglied der Jury Joachim Schirrmacher, Creative Consultant, Berlin

Ausbildung Bachelor, Akademie Mode & Design , Hamburg
Susanne Müller-Elsner

Kontakt info@birgitbrockbals.de
www.spectrum-fashion.de

Job  Seit 2011: Eigenes Label „Spectrum“

FASH 2010 Privacy / 7. Februar 2010

Marieke-Sophie Schmidt


3. Preis
European Fashion Award FASH 2010

Mimikry

In der Öffentlichkeit gilt es, den Schein und das Gesicht zu wahren. Wir akzeptieren daher Konformität und unterwerfen uns Konventionen. Dresscodes – ob seriös im Anzug, chic im Abendkleid oder leger in Jeans – fördern die Anpassung.
Dresscodes schützen aber auch die Privatsphäre wie ein Panzer. Die Frauenkollektion „Mimikry“ zeigt daher eine Außen- und eine Innenseite. Die Geschäftskleidung bietet Schutz und Sicherheit. Die Materialien sind stark, fest und starr. Schwarz steht für Macht, Seriosität und Anonymität. Integrierte Schutzpanzer beinhalten je ein weiteres, privates Kleidungsstück. Man kann es jederzeit entfalten. Mit der weiten und weichen Kleidung fühlt man sich frei, individuell und ungezwungen. Blau steht für Sehnsucht und Freiheit, pink für unsere schrille und exzessive Seite. Was wirklich privat ist, tragen wir im Kopf und nicht am Körper.


Jurybegründung Marieke-Sophie Schmidt greift ein Klischee auf, das sich wie ein roter Faden durch alle eingereichten Konzepte zum Thema „Privacy“ des European Fashion Award FASH 2010 zieht: die starke Differenzierung zwischen Privat und Öffentlich, die zunehmend als bedrohlich empfunden wird. Marieke-Sophie Schmidt hat eine Arbeit geschaffen, die durch ihre Stringenz überzeugt. Details, wie der Gürtel, der zum einen als Panzer fungiert und zugleich die private Kleidung enthält, überzeugen. Diese Panzer erinnern an Schutzbekleidung für Motorradfahrer und Arbeiten von Vivienne Westwood zugleich. Marieke-Sophie Schmidts junge Ästhetik ist relevant, zeitgemäß, selbstverständlich und hat Witz.Mitglied der Jury Johan Buskqvist, Head of Design Adidas Originals, Herzogenaurach

Ausbildung 5. Semester
Hochschule für Künste Bremen
Prof. Kai Lehmann

Kontakt marieke.schmidt@web.de

FASH 2010 Privacy / 7. Februar 2010

Selena Regenfelder


Anerkennung
European Fashion Award FASH 2010

Born to Blaze

Wir sind frei, aber fragil. Die Digitalisierung unseres Alltags eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Zugleich erleben wir durch Globalisierung und Multitasking, Egomanie und Moralerosion Anpassungsstress. Der Allmacht folgt die Ohnmacht. Das Bedürfnis nach Geborgenheit, Schutz und Sicherheit, nach klaren Werten, wächst. Die Prioritäten verschieben sich von Quantität zu Qualität, von Materie zu immateriellen Werten.
Die Frauenkollektion „Born to Blaze“ will die Persönlichkeit der Trägerin zum Leuchten bringen. Licht, als Zeichen für die Energie und Kraft, die in uns steckt. Die Kleider sollen Sicherheit und Kraft vermitteln und das Selbstvertrauen stärken. Sie helfen, zu dem zu stehen, was in uns steckt. Bewusst wurden keine technische Lösung, sondern nachleuchtende Materialien gewählt. Der Strick wurde selbst entwickelt und gefertigt, teils ist er doppelschichtig und gewalkt.


Jurybegründung Selena Regenfelder hat sich in ihrer Arbeit für den European Fashion Award FASH 2010 unter dem Thema „Privacy“ auf ein starkes und einfaches Konzept konzentriert: Nachleuchtende Materialien bringen die Persönlichkeit der Trägerin zum Strahlen. Die Stärke liegt in dieser Reduktion. Die handwerkliche Umsetzung des doppelgelegten Stricks überzeugt. Selena Regenfelder geht über das Kreieren eines Looks hinaus, indem sie mit ihrer Kollektion „Born to blaze“ die Gesellschaft aufruft sich zu ändern. Das würde die Grundlage schaffen, über eine neue Form der Mode nachzudenken.
Tobias Gröber, Vorsitzender der Stiftung der Deutschen Bekleidungsindustrie, München

Ausbildung Bachelor, Kunstuniversität Linz / Schloß Hetzendorf Wien, Österreich
Dozentin: Yella Hassel

Kontakt selena.regenfelder@semiramiss.at
www.semiramiss.at

 Medien  Kleine Zeitung, 10.02.2010: „Weniger war bei ihr mehr

FASH 2010 Privacy / 7. Februar 2010

André Filipe Ferreira Amorim


3. Preis
European Fashion Award FASH 2010

Hello, Grandma!

Die kulturelle Kompetenz, mittels Kleidung eine eigene Sprache zu sprechen, definiert heute Status in der Gesellschaft. Jeder unter 30 Jahren versucht, individueller auszusehen als der andere – eine Explosion der Perspektiven. Alle sind Teil der Fashion-Community geworden. Privatheit hat für viele keine Priorität. „Die Allgegenwart der Mode und die Uniformität in all der Individualität haben zum Ausschluss allem Modischen in meiner Arbeit geführt. Stattdessen schaute ich in den Kleiderschrank meiner Großmutter. Dort fand ich Karos, grobe Stoffe, plissierte Röcke, viele Schürzen und schwarze Fransen-Tücher. Diese konservativen Elemente habe ich mit der elitären Realität für die Frauenkollektion ‚Hello, Grandma!’ kombiniert. Die Kleider erzählen Geschichten, so wie das faltige Gesicht meiner Großmutter am Fenster.“


Jurybegründung Die Arbeit von André Amorim „Hello, Grandma!“ ist gewagt, frisch und spannend. Gerade weil er sich – als einzige Arbeit des European Fashion Awards FASH 2010 unter dem Thema „Privacy“ mit der Generationsfrage beschäftigt. Wie André Amorim die ganz persönliche Geschichte seiner Großmutter als Inspirationsquelle nutzt, berührt. André Amorim kommt so zu fortschrittlichen, modischen Lösungen, die in ihren Details, Proportionen und Schnitten neu und jung wirken. Die komplizierten Schnitte überzeugen am Körper und auf dem Laufsteg. Das Schneiderhandwerk ist herausragend, die Accessoires wie das Schultertuch bringen die Outfits auf den Punkt.Mitglied der Jury Marcel Herrig, Unicut Design Office, Shenzen/China

Ausbildung 8. Semester
Escola Superior de Artes Aplicadas de Castelo Branco, Portugal
Dozent: Brigida Ribeiros

Kontakt andre_amorim86@hotmail.com