FASH 2021 / 5. Juli 2021
European Fashion Award FASH im Rahmen der Frankfurter Fashion Week verliehen
European Fashion Award FASH im Rahmen der Frankfurter Fashion Week verliehen
Am ersten Tag der digitalen Frankurter Fashion Week wurden sechs junge Talente offiziell mit dem European Fashion Award FASH ausgezeichnet. More
FASH 2021 / 5. Juli 2021
Aylin Tomta
1. Preis European Fashion Award – FASH 2021 Kategorie Master |
|
Hylemorph |
Identitäten sind fluide Momente. Ausgangspunkt der Masterarbeit ist Aristoteles Frage, wie ‚Werden‘ im Sinne von Entstehen und Verändern möglich ist. Er sagt, wenn zu der Materie (griech. ‚Hyle‘) eine bestimmte Form (‚morphe‘) hinzukommt, entsteht ein ‚Ding‘. Die Kollektion „Hylemorph“ hinterfragt die Stereotypen und Grenzen von Genderidentitäten, also dem Geschlecht als soziale und kulturelle Konstruktion. Die große Kunst der Mode ist es, Bedeutungen zu verschieben. Statt nur Frau und Mann, bietet sie eine Vielfalt geschlechtlicher Identitäten. Mit ihrer Hilfe lassen sich in der Selbstinszenierung Grenzen überschreiten und viele verschiedene Nuancen erforschen. Es ist eine alltagsrelevante Form von „doing gender“. Hier liegt ihr queeres Potential. Und so kann sie unser Denken und damit unsere Gesellschaft verändern. Ausgangspunkt der 20-teiligen gender-fluiden Menswear Kollektion sind Archetypen der klassischen Herrenmode als auch der Haute Couture. Um neue Formen für Anzug, Hosenrock, Hemd, Polohemd, Blouson, Mantel und Trenchcoat zu schaffen, werden die klassischen Formen aufgelöst und nur noch durch Nähte angedeutet, geschichtet, bedruckt oder Flächen werden in Schnitteile eingeschoben. Dieses Spiel mit der räumlichen Wirkung von Kleidung ermöglicht eine neue Art der Wahrnehmung. |
Kollektion |
|
Jurybegründung | Aylin Tomta hat aus der Tiefe der Schnitt-Konstruktion handwerklich perfekte und skulpturale Kleider mit neuen Details, eigener Aussage und Raffinesse erschaffen: stylish, chic und cool! Eine kraftvolle Kollektion voller Poesie, die man gerne lange anschaut und die emotional berührt. Mit ihrer im Wortsinn überzeichneten Mode überwindet sie die Klassik und hat damit ein völlig neues und modernes Männerbild erschaffen, das maskulin ist ohne ins Manierierte oder Crossdressing abzugleiten. Obwohl es Showpieces sind, fühlt man sich darin wohl und sieht darin gut aus. Basis ist die Auseinandersetzung mit Gender als sozialem Geschlecht. Sie versteht Mode jenseits der heteronormativen Vorstellung, wonach Mode ausschließlich der sexuellen und zwar der heterosexuellen Verführung dient. Auch die Dokumentation mit Prozess und Modefotos gehört zu den Besten. Sehr selten ist eine Masterarbeit so ausgereift und auf dem Punkt. Das herausragende Talent zeigt auch die sehr erfreuliche und beachtliche Weiterentwicklung seit ihrem Preis beim European Fashion Award FASH 2017, die so sehr selten ist. Auf nach Paris! Mitglied der Jury Carl Tillessen (Chefanalyst, Deutsches Mode-Institut |
Ausbildung | Master – Fachhochschule Bielefeld, Prof. Meiken Rau |
Preis | 2.000 Euro Preisgeld |
Kontakt | aylin.tomta@googlemail.com / https://werkschau.gestaltung-bielefeld.de/hylemorph |
Download | Web: www.sdbi.de/download/2021-Aylin-Tomta-web.zip Print: www.sdbi.de/download/2021-Aylin-Tomta-print.zip |
FASH 2021 / 5. Juli 2021
Lars Witkowski
1. Preis European Fashion Award – FASH 2021 Kategorie Studierende |
|
Oddity 1400 |
Der Altaraufsatz „Goldene Tafel“ der Benediktinerabteikirche zu Lüneburg aus dem 14. Jahrhundert erstrahlt seit 2019 im Landesmuseum Niedersachsen in neuem Glanz. Er ist der Ausgangpunkt der Sommerkollektion „Oddity 1400“. Im Inneren der „Goldene Tafel“ befinden sich 23 Wunderkammern die einst mit dem kostbaren Reliquienschatz aus Rubinen, Smaragden und Perlen, exotischen Seidenstoffen oder religiösen Schriften gefüllt waren. Die Distel symbolisiert im Altarbild die Muttermilch Marias und ist gleich zu setzen mit einem Heilmittel. Daraus entstand ein Digitalprint, der die Kollektion prägt. Das Grün ist abgeleitet aus den Naturdarstellungen, Kobaltblau, Rot und Weiß aus den Gewändern des Altarbildes. Die langgezogenen Silhouetten zeigen ein Layering aus Kaftanbluse, Kleid, Hosen und Overalls. Sie sind in Bio-Baumwollqualitäten sowie Jersey gefertigt. Sie greifen die Gewänder der „Goldene Tafel“ auf und sind zugleich genderneutral. |
Kollektion |
|
Jurybegründung | Lars Witkowski hat die Inspiration der „Goldene Tafel“ aus dem 14. Jahrhundert sehr überzeugend in eine moderne Kollektion übersetzt. Sie trifft das aktuelle Bedürfnis nach einer smarten Lässigkeit zwischen Chic und Casual sehr gut. Die Studienarbeit zeigt eher Gewänder als traditionelle Kleider und bietet damit eine stylische Alternative für die immer heißer werdenden Sommertage. Auch das Styling überzeugt. Mitglied der Jury Kerstin Strauss, Creative Director, Strauss |
Ausbildung | 10. Semester – Hochschule Hannover, Prof. Martina Glomb |
Preis | 1.000 Euro Preisgeld |
Kontakt | lars.witkowski@gmx.de / @_Lars_Witkowski |
Download | Web: www.sdbi.de/download/2021-Lars-Witkowski-web Print: www.sdbi.de/download/2021-Lars-Witkowski-print.zip |
FASH 2021 / 5. Juli 2021
Helena Wieser
1. Preis European Fashion Award – FASH 2021 Kategorie Bachelor |
|
Wollust |
Kratzig und flauschig, Dominanz und Unterwerfung. Die Kollektion „Wollust“ beschäftigt sich mit dem Woll-Fetisch von Frauen und Männern und überträgt ausgewählte Neigungen in eine Ästhetik, die auch die Allgemeinheit anspricht. Die Vorlieben der „Woolies“ etwa für Corsagen, Balaklava, Bondage, Zopfmuster oder Rippstrick sowie bestimmte Farben wurden in sechs Outfits übersetzt. Entsprechend dem Fetisch sind die Outfits aus Mohair-, Schurwoll- und Alpaka-Garnen gestrickt. Metallringe sind eine Anspielung auf die Praktiken Bondage und S&M. Alle Teile wurden fullyfashioned und somit ohne Abfälle an der Handstrickmaschine oder von Hand gestrickt. |
Kollektion |
|
Jurybegründung | Die Erneuerung der Mode hat seine Wurzeln oft in Undergroundszenen. Sei es Gaultiers Büstenhalter für Madonna oder Claudia Skoda, die in den 1970er Jahren Strick sexy machte, wie aktuell in der Ausstellung „dressed to thrill“ im Berliner Kulturforum zu sehen ist. In diesem Fall ist es der Fetisch der „Woolies“ für Wolle. Die Auseinandersetzung von Helena Wieser mit Strick ist wirklich neu und gibt wichtige Impulse für das oft tradierte Genre Strick. Endlich ist Strick nicht in erster Line warm, sondern leicht und modisch. Man möchte ihre Kleider anfassen, berühren, spüren. Vor allem: die Kollektion inspiriert und macht Lust auf Mode. Mehr kann eine Kollektion nicht leisten. Mitglied der Jury Joel Horwitz, Design Director, Fila Europe |
Ausbildung | Master – Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle / Prof. Lars Paschke |
Preis | 2.000 Euro Preisgeld |
Kontakt | helenawieser@gmail.com / @helenawieser_ |
Download | Web: www.sdbi.de/download/2021-Helena-Wieser-web.zip Print: www.sdbi.de/download/2021-Helena-Wieser-print.zip |
FASH 2020 / 5. Juli 2021
Carla Renée Loose
1. Preis European Fashion Award – FASH 2020 Kategorie Master |
|
Es war alles Gegenwart, die Zukunft fand ausschließlich in Science Fiction statt | Die Glorifizierung der Jugend ist in der heutigen Gesellschaft allgegenwärtig. Sie ist ein Symbol für Erfolg und Effektivität, Dynamik und Leistungsfähigkeit. In einem Alltag voller Routine und Selbstbeherrschung wollen wir uns wieder lebendig fühlen und sehnen uns nach jugendlicher Leidenschaft, Emotionalität oder Im-Moment-Sein. Doch statt diese innere, jugendliche Haltung und Neugier aufrecht zu erhalten, wird sie meist auf die Oberfläche reduziert; was durch Massenmedien und Werbung verstärkt wird. Das innere Streben nach Freiheit und Authentizität wird zugunsten einer imaginären Sicherheit unterdrückt und die Emotionen durch Konsum ersetzt.Die Folge ist eine immer stärkere Entfremdung von uns selbst: lieber nichts bereuen als zu viel empfinden. Eine Auseinandersetzung über diesen Widerspruch findet kaum statt, dadurch fehlt auch Kritik oder Protest. Als Folge erleben wir Konformität statt Enthusiasmus, Imitation statt Original, Bequemlichkeit statt Originalität – Werte, die diametral zur ersehnten jugendlichen Lebendigkeit stehen.Mit einer unvoreingenommenen, jugendlichen Wahrnehmung, einem Ausprobieren des Jetzt und durch intuitives Denken, Fühlen und Handeln können wir Freiheiten behalten, ohne uns von unserem Inneren zu entfernen oder unsere Selbstbestimmtheit zu verlieren. Wir können erkennen, dass derzeitige Normen, Ideale und Konventionen nicht die einzig möglichen sind, Alternativen entwerfen und wieder Zukunft gestalten.
Die Frauenkollektion „Es war alles Gegenwart, die Zukunft fand ausschließlich in Science Fiction statt“ visualisiert die jugendliche Emotionalität, Impulsivität, Euphorie und Widersprüchlichkeit. Kontrastierende Farben, Formen und Materialien, Volumen und Tiefe, Transparenz und Opulenz prägen die Kollektion mit ihrem experimentellem Textil- und Strickdesign. |
Kollektion |
|
Jurybegründung | Carla Renée Loose überzeugt mit ihren konzeptionellen und kreativen Stärken. Ihre tiefgründige, treffende und klug formulierte Analyse der Glorifizierung der Jugend überzeugt und gibt wichtige Antworten für unsere Gesellschaft. Dies auch, weil ihre Arbeit auf einer – inzwischen sehr selten geworden – klassischen Literatur Recherche aufbaut. So schafft sie eine Theorie-Arbeit, die allein eine Auszeichnung verdient.
Ihre künstlerischen Illustrationen zeigen in moderner Form ihre schöpferische Kraft. Sie nimmt dabei Wurzeln auf und überführt sie ins Heute. Entstanden sind eigenständige Kleider, die Frauen gerne anziehen, gepaart mit einer Jugendlichkeit die im Jetzt verortet ist. |
Ausbildung | Bachelor – Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Prof. Anke Schlöder Master – Kunsthochschule Berlin Weißensee / Prof. Patrick Rietz |
Preis | 2.000 Euro Preisgeld |
Kontakt | carla.loose@outlook.de / @carlarenee_ |
Download |
|
FASH 2020 / 5. Juli 2021
Erato Fotopoulos
1. Preis European Fashion Award – FASH 2020 Kategorie Bachelor |
|
[fi:] | Die Kollektion [fi:] interpretiert das philosophische Konzept des Fluiden. Mit „panta rhei“ beschreibt der Philosoph Heraklit das Leben als einen Fluss: Sein ist Werden und Werden ist Sein. Altbekannte Definitionen verschwimmen, vertraute Formen zerfließen.Archetypen aus Looks von Acid Jazz Bands mit ihrer frei fließenden Musik wie Digable Planets, Galliano, Brand New Heavies dienten als Basis des jeweils „statischen“ Teils eines Outfits. Hinzu kommt jeweils ein fluider, wandelbarer Part, bei dem die Volumen entlang von Bändern frei am Körper verschoben werden können. Es gibt dabei kein Richtig und Falsch. Die klare Struktur eines klassischen Karo-Musters (Digitalprint auf Baumwolle) wurde durch eine Spiegelfolie verzerrt, ein anderes durch Bleichen mit einem Zufallsfaktor verfremdet. Zusammen mit der ständigen Bewegung der Kleidung verlieren die Karo-Muster ihre Struktur, sie verschwimmen. Die thermochrome Farbe (Siebdruck) reagiert auf die Körpertemperatur und ändert sich von Petrol, wenn sie kalt ist, zu Neongrün, wenn sie sich erwärmt. Je nach Träger und Situation sind somit auch die Farben fluide. |
Kollektion |
|
Jurybegründung | Erato Fotopoulos schafft, was nur selten gelingt: Sie verbindet Sportswear mit modischem Anspruch. In ihrem Spiel von Volumen und starken Drucken balanciert sie Casual und Chic so gekonnt, dass es selbstverständlich wirkt und doch emotional berührt. Die Kleider sind fotogen und zugleich fühlt man sich in ihnen modern und cool, sie tragen sich angenehm wie ein Pyjama und man wirkt doch angezogen. Eine Kunst, die an den Designern Haider Ackermann erinnert.
Nicht zuletzt überwindet sie Gender-Grenzen, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Bei allem Anspruch sind Teile wie die T-Shirts durchaus kommerziell. Ein Look voller Persönlichkeit der perfekt in die Zeit von Lockdown und Loungewear passt, wo dringend Lässiges mit neuen Details, eigener Aussage und Raffinesse gesucht wird. Von der eigenständigen Idee über die gute Dokumentation bis zu den innovativen Schnitten eine herausragende Arbeit! Ein Talent mit großem Potential in einem starken Jahrgang. |
Ausbildung | Bachelor – Fachhochschule Bielefeld / Prof. Meiken Rau |
Preis | 2.000 Euro Preisgeld |
Kontakt | erato.f@web.de / www.eratof.myportfolio.com |
Download | Web: www.sdbi.de/download/2021-Erato-Fotopoulos-web.zip Print: www.sdbi.de/download/2021-Erato-Fotopoulos-print.zip |
FASH 2020 / 5. Juli 2021
Margarita Rozhkova
1. Preis European Fashion Award – FASH 2020 Kategorie Studierende |
|
Moiré Physique | Die Kollektion Moiré Physique erforscht, wie die Optik eines Moirés durch Licht und Schatten erreicht werden kann. Und wie ein digitales Moiré als potentielles Mittel zur Tarnung im Zeitalter der permanenten Überwachung und gefährdeten Privatsphäre dienen kann. Der Moiré-Effekt wird durch maschinelles Stricken, Weben und Siebdruck von Georgette, Baumwolle und Viskose erzielt. Analog zu Überlagerung zweier ähnlicher Raster eines Moirés, wurde die Frauenmode aus der Mitte des 19. und Jahrhunderts auf die Silhouette von Männermode übertragen. |
Kollektion |
|
Jurybegründung | Margarita Rozhkova arbeitet sehr virtuos mit Materialien, so dass jedes für sich eine kleine Sensation ist, ob Strick, Georgette oder Mohair. Eine eigenständige und kraftvolle Studienarbeit mit einer hervorragenden handwerklichen Umsetzung, der man ansieht, dass Margarita Rozhkova mit einem Master of Arts in American Studies und viel Arbeitserfahrung schon eine reife Persönlichkeit ist. Mitglied der Jury Jenny Capitain, u.a. Fashion Director Vogue US |
Ausbildung | 6. Semester – Universität der Künste Berlin / Gast-Prof. Franziska Schreiber, Prof. Lars Paschke |
Preis | 1.000 Euro Preisgeld |
Kontakt | margarita.rozhkowa@gmail.com |
Download | Web: www.sdbi.de/download/2021-Margarita-Rozhkova-web.zip Print: www.sdbi.de/download/2021-Margarita-Rozhkova-print.zip |