FASH 2015 Freedom / 6. Juli 2015
Julia Kleeblatt
1. Preis European Fashion Award – FASH 2015 Kategorie Studierende |
|
Kittel 2.0 |
Ein Kittel klingt nach Arbeit, Zwang und Strenge. Doch der Blick in das Archiv der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle zeigt, dass er in den 1920 und 30er Jahren bei den Künstlern und Gestaltern auf dem Campus Usus war. Anlässlich des 100. Geburtstags der „Burg“ hat Julia Kleeblatt den Kittel zu modernen Jacken und Mänteln transformiert. Sie experimentierte in ihrer Männerkollektion mit Garnen und Farben, spielte mit Längen, Flächen und Proportionen. Die strenge, gerade Form des Kittels mit Reverskragen, Knopfleiste, Gürtel und den großen Taschen wird mal gebrochen durch zarten Strick, der wie Papier wirkt, mal wird der Stoff bedruckt und beschichtet. Farben und Drucke sind inspiriert von Arbeiten ehemaliger Lehrer, wie den Marionetten des Bildhauers Gustav Weidanz oder Silbergelatineabzügen des Vorreiters der Neuen Sachlichkeit in der Fotografie, Hans Finsler. |
|
Jurybegründung | Julia Kleeblatts Transformation des Kittels trifft den Zeitgeist. Die feinsinnige Kollektion ist farbenfroh aber nicht bunt, vielfältig aber nicht überfrachtet, erfrischend aber nicht laut. Diese Energie überträgt sich auf den Betrachter. Julia Kleeblatt suchte nicht die große Geste, sondern schuf unkonventionelle Kleidung, die dennoch vertraut und selbstverständlich wirkt und so lange ihre Gültigkeit behält. Zugleich entspricht sie mit den platzierten Grafiken, gedruckten Taschen, der Transparenz und dem Einsatz von Metallic aktuellen Trends. Auch ihre Zeichnungen und Collagen, das Farbkonzept und die Kollektionsübersicht weisen eine hohe Eigenständigkeit und künstlerische Qualität auf. Sie vermitteln die notwendigen fachlichen Informationen, ebenso wie Emotionen. Diesen schmalen Grat zwischen Neuem und Vertrauten, Kreativität und Kommerz treffen nur wenige. Julia Kleeblatt erreicht damit in bester Weise, was Design leisten soll. Ideale Voraussetzung für eine Karriere in der Modeindustrie. – Mitglied der Jury Torsten Hochstetter, Global Creative Director, Puma |
Ausbildung | 6. Semester, Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle Bianca Koczan, Prof. Thomas Greis, Prof. Joachim Schielicke |
Preis | Fotoaufnahmen durch Franco P. Tettamanti, Katalog, Ausstellung, Medienarbeit, Mentorenprogramm, Mentor: Joel Horwitz 2.500 Euro Preisgeld Sechsmonatiges dotiertes Praktikum in der Konzernzentrale von Puma |
Kontakt | mail@juliakleeblatt.com / www.juliakleeblatt.com |
Download | Web: www.sdbi.de/download/julia-kleeblatt-web.zip Print: www.sdbi.de/download/julia-kleeblatt-print.zip |
FASH 2015 Freedom / 6. Juli 2015
Lilly Bosse
2. Preis European Fashion Award – FASH 2015 Kategorie Studierende |
|
Wie fühlt sich die Spinne auf dem Herrenklo? |
Zugunsten einer vermeintlichen Sicherheit hat unsere Gesellschaft viele Freiheiten aufgegeben. Wir wurden konditioniert zu zahmen, funktionierenden Wesen. Die Männerkollektion „Wie fühlt sich die Spinne auf dem Herrenklo?“ will Fragen, Assoziationen und Gefühle auslösen – ob beim Betrachten, beim Lesen oder Tragen. Die Kleider aus Tweed, Leder und Baumwollgaze sind roh und robust. Chiffon und Seide bilden fließende Gegenpole. Durch Linien und Symmetrien, dem Spiel mit konvexen und konkaven Formen entstehen Gegensätze, die sich verbinden. Ohne Vorn und Hinten. Graustufen verdrängen das Denken in Schwarz-weiß. Erst unter den oberen Schichten finden sich gezielte Farbakzente. Masken lassen die Träger wie Marionetten wirken. Sind wir frei, wenn wir die Masken absetzen? „Freiheit erfordert Mut, also lasst uns mutig sein. Augen auf! Ohren auf! Mund auf!“ |
|
Jurybegründung | Die poetische Männerkollektion „Wie fühlt sich die Spinne auf dem Herrenklo?“ erzählt von gesellschaftlicher Enge, Kontrolle und Manipulation, verheißt Deckung und Flucht in innere Welten. Lilly Bosse traut sich das Thema „Freiheit“ auf sehr persönliche Weise zu interpretieren. Zudem provoziert sie mit ihrer intuitiven und assoziativen Arbeit die Phantasie, geht an Grenzen und stellt Fragen, die einst von Literaten auf Theaterbühnen gestellt wurden. Lilly Bosse schafft es mit ihren Entwürfen Emotionen auszulösen, sie im Gedächtnis zu verankern. Scheinbar nebenbei hat sie, handwerklich versiert und mit einer charakteristischen Farbauswahl, ein von den Geschlechterklischees befreites, selbst- bewusstes und modernes Männerbild entworfen. Eine große Leistung! – Mitglied der Jury Margareta van den Bosch, Creative Adviser, H & M – Hennes & Mauritz, Stockholm |
Ausbildung | 11. Semester – Hochschule für Künste Bremen Prof. Kai Lehmann |
Preis | Fotoaufnahmen durch Franco P. Tettamanti, Katalog, Ausstellung, Medienarbeit, Mentorenprogramm, Mentor: Mads Dinesen 1.500 Euro Preisgeld |
Kontakt | lilly.bosse@gmx.de / www.lillybosse.com |
Download | Web: www.sdbi.de/download/lilly-bosse-web.zip Print: www.sdbi.de/download/lilly-bosse-print.zip |
FASH 2015 Freedom / 6. Juli 2015
Kai Gerhardt
3. Preis European Fashion Award – FASH 2015 Kategorie Studierende |
|
The Black Rectangle |
Inspiration der Männerkollektion „The Black Rectangle“ ist eine Frau, die auf einem Bahnsteig wartet. Auf den ersten Blick scheint sie nur in eine Decke gehüllt zu sein. Was lässt eine Decke, ein Stück Stoff zur Kleidung werden? Wann wird Mode erkannt und angenommen? Bei der Auseinandersetzung mit dem Minimalismus in der Mode wagte Kai Gerhardt Neues. Er nahm sich die Freiheit zu scheitern, aufzuhören oder zu kämpfen. Befreite sich von der Sicherheit des Erlernten, löste sich von einem eurozentrisch geprägten Männerbild. Stattdessen suchte er Diversität im Denken, Heterogenität im Handeln, Vielfalt im Gestalten. Design statt Handwerk: neue Sichtweisen annehmen, Arbeitsweisen erforschen, mit Materialien experimentieren. Entworfen wurde eine achtteilige Männerkollektion aus Kaschmir und Merinofeinstrick. Bewusst wurde zurückhaltendes Schwarz gewählt, das Raum lässt, Verborgenes zu erkennen. |
|
Jurybegründung | Kai Gerhardt schuf eine selbstverständliche Kleidung, die nichts mit dem euro¬zentrisch geprägten Männerbild zu tun hat und doch vertraut wirkt. Eine Arbeit, die sofort überzeugt. Neben der eigenständigen Formensprache mit ihrem stringenten ästhetischen System ragt auch der sensible Umgang mit den Materialien hervor. Und doch bleibt das Entscheidende für den Betrachter unsichtbar: Die notwendige Befreiung von bisherigen Gedanken und Arbeitsweisen, um etwas derartig Neues erschaffen zu können. – Mitglied der Jury Michael Sontag, Designer, Berlin |
Ausbildung | 5. Semester – Universität der Künste Berlin Prof. Valeska Schmidt-Thomsen |
Preis | Fotoaufnahmen durch Franco P. Tettamanti, Katalog, Ausstellung, Medienarbeit, Mentorenprogramm, Mentor: Helge-Christian Schmidt 1.000 Euro Preisgeld |
Kontakt | herrgerhardt@googlemail.com / www.herrgerhardt.de |
Download | Web: www.sdbi.de/download/kai-gerhardt-web.zip Print: www.sdbi.de/download/kai-gerhardt-print.zip |
FASH 2015 Freedom / 6. Juli 2015
Ulf Michael Brauner
1. Preis European Fashion Award – FASH 2015 Kategorie Abschlussarbeiten |
|
Auf und davon nach |
Fernweh ist nicht die Lust auf Urlaub, sondern das unbestimmte Sehnen während der Reise auf etwas zu stoßen, dass das Leben verändert. So wie es Bruce Chatwin in seinen Reiseberichten schilderte. Die Männerkollektion „Auf und davon nach“ hat ihren Ursprung in so einem Fernweh, einer siebenmonatigen Reise von Ghana über Mali bis Mauretanien. In ihr verschwimmt die kulturelle Vielfalt Westafrikas – die Farben und Gerüche, der Sinn für Anmut und Schönheit – zu einer farbigen Traumwelt. Die Kollektion basiert auf dem westafrikanischen Boubou. Das weite, faltenreiche Gewand verschmilzt mit Elementen westlicher Kleidung wie Parka und Mantel. Das Muster, eine binär verschlüsselte Botschaft, wurde per Hand gestickt und als Blaudruck realisiert. Die Farben der Kollektion, wie die handgewebten Seide-Kaschmirstoffe, sind abgeleitet vom Horizont einer Wüstenlandschaft. Schuhe u.a. aus Kokospalmrinde ergänzen die Kollektion. |
|
Jurybegründung | Ulf Michael Brauners Männerkollektion „Auf und davon nach“ ist intensiv, eigenwillig und erfrischend, echt, überaus lebendig und mutig. Auf seiner Reise durch Afrika wurde Brauner das Unzureichende der deutschen Heimat deutlich. „Europa fördert mich nicht mehr. Zu vertraut ist mir schon diese Welt, um meine Seele zu neuen Gestaltungen zu zwingen“, zitiert Brauner aus dem Reisetagebuch des Philosophen Hermann Kyserling. Mit seiner Intuition lotete er die Grenzen der Mode aus, reagiert auf seine inneren Bilder von Schönheit. Ihm ist gelungen, was er sich wünschte: Die Kollektion strahlt. Sie entflammt unsere Phantasie, trifft die Sehnsüchte unserer Zeit. Sie ist außerordentlich reich an Bezügen, Materialien und Herstellungstechniken. Das Streifengewebe aus Seide/Wolle fertigte er per Hand an einem Kontermarschwebstuhl. Plättchen aus Kokospalmrinde setzen Akzente. Ulf Michael Brauner hat eine visionäre Begabung, die sich reich entfalten wird, wenn er die Freiheit erhält, seinen ganz eigenen Weg zu gehen. Ein Talent, das die Mode dringend braucht um sich zu erneuern. – Mitglied der Jury Joachim Schirrmacher, Creative Consultant, Berlin |
Ausbildung | Diplom – Universität der Künste Berlin Prof. Valeska Schmidt-Thomsen, Prof. Dr. Ingeborg Harms, Lars Paschke |
Preis | Fotoaufnahmen durch Franco P. Tettamanti, Katalog, Ausstellung, Medienarbeit, Mentorenprogramm, Mentor: Arnold Gevers 2.500 Euro Preisgeld |
Kontakt | ulf.m.brauner@gmail.com |
Download | Web: www.sdbi.de/download/ulf-michael-brauner-web.zip Print: www.sdbi.de/download/ulf-michael-brauner-print.zip |
FASH 2015 Freedom / 6. Juli 2015
Tomasz Szadel
2. Preis European Fashion Award – FASH 2015 Kategorie Abschlussarbeiten |
|
PXL. |
Tomasz Szadel experimentiert in seiner Männerkollektion „PXL.“ mit Materialien, Strukturen, Oberflächen und Schnitten. Sie ist inspiriert von dem Prozess der digitalen Manipulation zwischen Freiheit und Kontrolle. Die erarbeiteten Pixel, Strukturen und Flächen schaffen kontrastreiche Muster bis hin zu optischen Irritationen, die als Moiré-Effekt bekannt sind. Mittels Sieb- und Digitaldruck (teilweise reliefartig hervorstehend), mehrfarbigem Jacquardstrick oder Lasercutstrukturen entsteht eine spannungsreiche, taktile Kollektion. Überlagerungen, drapierte, teils verdrehte Schnitte, asymmetrische Linien und verzerrte Proportionen führen zu weichen, runden bis skulpturalen, kantigen Formen mit unterschiedlichen Volumen. Die mal sportlichen, mal eleganten 35 Kleidungsstücke ergeben zehn Outfits, funktionieren aber in vielen Kombinationen. |
|
Jurybegründung | Digitale Technologien verändern unser Leben, ermöglichen Kontrolle in ungekanntem Maß, schaffen aber auch neue gestalterische Freiheiten. Diese nutzt Tomasz Szadel zusammen mit modernen Techniken des Textildesign und einer herausragenden Kreativität für seine erste Männerkollektion. Klugerweise spricht er mit seiner Begabung für ausdrucksstarke Materialkompositionen auch weitere Sinne an. Mit dieser Herangehensweise gelangt Tomasz Szadel zu einer originellen Formsprache. Zusammen mit skulpturalen Details, Drapierungen und Kontrasten wie locker fallende Mäntel und scharf geschnittene Jacken schuf er feinsinnige und zeitgemäße Silhouetten. Mitglied der Jury Franco P. Tettamanti, Mode- und Porträtfotograf, Paris |
Ausbildung | Master – Kunsthochschule Berlin Weißensee Prof. Clara Leskovar, Prof. Doreen Schulz |
Preis | Fotoaufnahmen durch Franco P. Tettamanti, Katalog, Ausstellung, Medienarbeit, Mentorenprogramm, Mentor: Kim Pöhland-Block 1.500 Euro Preisgeld |
Kontakt | mail@tomaszszadel.com / www.tomaszszadel.com |
Download | Web: www.sdbi.de/download/tomasz-szadel-web.zip Print: www.sdbi.de/download/tomasz-szadel-print.zip |
FASH 2015 Freedom / 6. Juli 2015
Lukas Fischer
3. Preis European Fashion Award – FASH 2015 Kategorie Abschlussarbeiten |
|
Eine Sequenz |
Verwirrt, ängstlich, euphorisch, stolz. In unseren Träumen bauen sich surreale Welten auf. Unsere Fantasie gekoppelt mit Sinneseindrücken, konstruiert von unserem Ich. Die Männerkollektion „Eine Sequenz“ basiert auf der Analyse eines Traums kurz vor dem Abschluss des Studiums: Angst vor dem Leistungsdruck. Stolz, euphorisch und erleichtert, das Ziel erreicht zu haben. Solch isolierte Gedanken und befreite Gefühle wurden im Designprozess verdichtet, zu neuen Symbolen verflochten und auf den Körper übertragen. Entworfen wurden 22 Teile in vier Outfits. Fell symbolisiert Stärke, übergroße Proportionen die Kindheit, Neopren und verschweißte Nähte den Surfurlaub am Gardasee. |
|
Jurybegründung | Lukas Fischer steht zu seinen Empfindungen und Gefühlen und überträgt sie in seine Kollektion. Er kennt die aktuellen Strömungen der Mode wie Schwarz, Seam Sealing, Transparenz und lange Silhouetten für Männer, übersetzt sie jedoch in eine sehr eigene Sprache. Eine besondere Qualität erhält die Arbeit durch die sorgfältig ausgewählten Materialien sowie die technisch aufwendige und hochwertige Verarbeitung, in der sich seine Ausbildung zum Modeschneider zeigt. – Mitglied der Jury Dr. Adelheid Rasche, Leiterin der Sammlung Modebild – Lipperheidesche Kostümbibliothek, Kunstbibliothek Staatliche Museen zu Berlin |
Ausbildung | Bachelor of Arts / Fachhochschule Bielefeld Prof. Kai Dünhölter |
Preis | Fotoaufnahmen durch Franco P. Tettamanti, Katalog, Ausstellung, Medienarbeit, Mentorenprogramm, Mentor: Mikyong Yeom 1.000 Euro Preisgeld |
Kontakt | mail@lukas-fischer.net / www.lukas-fischer.net |
Download | Web: www.sdbi.de/download/lukas-fischer-web.zip Print: www.sdbi.de/download/lukas-fischer-print.zip |