FASH 2017 / 3. Juli 2017
Es wird höchste Zeit sich näher zu kommen
Laudatio von Europa-Staatsminister Michael Roth MdB zur Verleihung des European Fashion Award FASH 2017
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste aus dem In- und Ausland,
Sie haben eine aufregende Woche bei der Berlin Fashion Week vor sich. Berlin ist schwer in Mode – dafür ist der Erfolg der Fashion Week der allerbeste Beweis. Neben New York, Paris, London und Mailand versammelt sich die internationale Modeszene nun schon seit einigen Jahren auch in der deutschen Hauptstadt.
Ich danke der Stiftung der Deutschen Bekleidungsindustrie, die den European Fashion Award nun schon seit 2004 ermöglicht. Eine großartige Initiative! Besonders begrüße ich die Mitglieder der Jury, aber vor allem die heutigen Preisträgerinnen und den Preisträger.
Diese Bemerkung sei mir erlaubt – auch als Mann: Leider werden in fast allen Lebensbereichen nach wie vor mehr Männer als Frauen ausgezeichnet. Sie sind heute eine wohltuende Ausnahme. Im Vordergrund stehen heute Ihre Arbeit und Ihre Ideen – und nicht das Geschlecht.
Politikerinnen und Politikern wird eher selten eine Affinität zu Mode unterstellt. Aus Politik und Mode wird oft sogar ein Gegensatz gemacht: Mode sei oberflächlich und Politik ernsthaft. Oder noch extremer: Mode sei etwas Blütenreines und Politik ein schmutziges Geschäft. Es wird also höchste Zeit, sich endlich näher zu kommen und mit diesen Vorurteilen aufzuräumen.
Deshalb freue ich mich besonders, dass ich heute bei Ihnen sein kann. Ich zumindest fühle mich ganz wohl hier. Ich mag Mode. Denn sie geht mit der Zeit, setzt Trends, ist ein Spiegel der eigenen Persönlichkeit und stiftet Identität. Sie ist damit auch eine Momentaufnahme unserer Gesellschaft.
Als Europa-Staatsminister freut mich eines ganz besonders: Bereits mit dem Titel „European Fashion Award“ machen Sie deutlich: Mode ist eine Europäerin, ja eine Kosmopolitin. Sie schert sich nicht um Grenzen und Nationalitäten, sondern sie verbindet Menschen weltweit – und das ganz ohne große Worte. Und dieses Verbindende und Internationale macht die Mode zu einer natürlichen Partnerin des Auswärtigen Amts.
Als Preisträgerinnen und Preisträger sind sie damit so etwas wie Botschafterinnen und Botschafter für ein „anderes Europa“. Durch Ihr Wirken und Schaffen zeigen Sie: Europa ist weit mehr ist als nur trockene Bürokratie oder politische Deals. Europa ist eben ein Statement. Europa ist ein gemeinsamer Lebens- und Kulturraum. Und für meinen Geschmack sollte es viel öfter nicht nur um Zahlen und Gesetze gehen, sondern darum, wie sehr uns Ideen, Kreativität, Kultur und Werte miteinander verbinden.
Auch darum haben Mode und Design in den vergangenen Jahren mehr Raum in unserer Auswärtigen Kulturpolitik eingenommen. Zugegebenermaßen sind wir im Auswärtigen Amt ziemlich gute Universaldilettanten. Wir sind mitnichten die besseren Kreativen, noch verstehen wir mehr von Mode als Sie. Aber eines wissen wir ganz sicher: Mode ist ein internationales Thema mit großer Bindungskraft.
Deshalb freut es uns, dass der Deutsche Bundestag 2016 dem Auswärtigen Amt 2016 erstmals Mittel zur Förderung der Kreativwirtschaft zur Verfügung gestellt hat. Wir wollen damit nicht nur die Vernetzung der Kultur- und Kreativwirtschaft fördern, sondern auch die deutsche Kultur- und Kreativwirtschaft weltweit bekannter machen.
Dass dabei so viele, auch junge Deutsche wie Sie, kreativ sind, überall auf der Welt arbeiten, spiegelt unser Land wider: Deutschland ist bunter und vielfältiger geworden. Unser Land lässt sich schon lange nicht mehr reduzieren auf die Heimat toller Autos und tadelloser Maschinenbauer. Wir haben noch viel mehr zu bieten, vor allem junge, gut ausgebildete Leute mit frischen Ideen wie Sie.
Tragen Sie diese Botschaft bitte hinaus nach Europa und in die Welt. Sie leben in der Kreativbranche Buntheit, Offenheit und Vielfalt vor. Wir brauchen mehr davon. Nationalisten und Populisten, Intolerante und Zyniker sind eben nicht nur meine Gegner – sondern auch Ihre!
Die Stimmen, die wieder mehr auf Abgrenzung und Abschottung setzen, die den Menschen Vielfalt mehr als Bedrohung denn als Chance verkaufen möchten, nehmen leider zu. Hier stehen wir alle gemeinsam in der Verantwortung. Und ich bin froh, die Kreativwirtschaft in dieser Frage an unserer Seite zu wissen.
Und eben nicht nur weil wir unsere Kreativwirtschaft rund um den Globus bekannter machen wollen, sondern auch um aktuelle gesellschaftspolitische Fragen wie Nachhaltigkeit, Innovation oder neue Medien aufzugreifen.
Ich habe mir sagen lassen: Der European Fashion Award zählt zu den international bedeutendsten Förderpreisen für Modestudierende. Die Preisträgerinnen und Preisträger haben hervorragende Karriereaussichten. Mehr als 200 Studierende aus fast 30 Ländern weltweit haben an dem Wettbewerb teilgenommen. Dass letztlich alle Preisträgerinnen und Preisträger aus Deutschland stammen, spricht sicher auch für die hohe Qualität der deutschen Modebranche. Sie haben allen Grund, sich darüber zu freuen und auch zu feiern.
Als Politiker beneide ich Sie ein wenig. Sie fallen öfter aus dem Rahmen und aus der Reihe, Sie trauen sich etwas und beweisen Mut. Bleiben Sie so offen und neugierig – und inspirieren Sie uns weiter. Ich wünsche Ihnen einen guten Auftakt der Fashion Week.
Quelle: www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2017/170703-StM_R_FASH_2017.html