FASH 2008 / 29. Januar 2008
European Fashion Award – Fash 2008
Neue Stoffe und Schnitte, Secondhand und Recycling, Lieblingsteile und neue Arbeitsprozesse – dass sind die Lösungsansätze der Siegerarbeiten des European Fashion Award – FASH 2008. Der Preis der Stiftung der Deutschen Bekleidungsindustrie (SDBI) suchte dieses Jahr unter dem Titel „Attitude“ umwelt- und sozialgerechte Mode.
Umwelt- und sozialgerechte Mode
„Mode, die einem ständigen Wechsel unterworfen ist, mit zentralen ökologischen Aspekten zu vereinen, ist eine höchst anspruchsvolle Aufgabe. Wer sich ernsthaft mit der Thematik beschäftigt, stellt schnell fest, dass es sich um einen kaum aufzulösenden Widerspruch handelt“, sagte SDBIProjektleiter Joachim Schirrmacher während der feierlichen Preisverleihung im Rahmen der ispo winter 08 in München.
Die SDBI feierte an diesem Tag auch ihr 30-jähriges Bestehen. Zudem wurde die gemeinnützige Stiftung für ihre richtungsweisende und zukunftsorientierte Arbeit ausgezeichnet als „Ausgewählter Ort 2008“ durch die Standortinitiative der Bundesregierung und der Deutschen Wirtschaft „Deutschland – Land der Ideen“.
Ernsthafte Positionen
„Auch in der feinsten Kleidung liegt keine Schönheit, wenn sie Hunger und Unglück mit sich bringt“, zitierten die Preisträgerinnen Sara Fromm und Ilona Zaytseva Indira Gandhi. „Natürlich wäre es sinnvoll, wenn die Menschen nur Kleidung kaufen würden, die sie wirklich brauchen“, schreibt Melanie Gros von der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin in ihrer Dokumentation. „Doch die Konsumenten zur Besinnung zu bewegen, scheint fast unmöglich und ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht der meisten Unternehmen auch nicht wünschenswert.“ Warum sich die Kunden – allem Bekenntnissen zum Trotz – so schwer mit ökologischer Mode tun, haben Hamburger Studierende analysiert: „Ihr unmittelbarer Nutzen ist kaum höher: nicht der Konsument profitiert, sondern die Umwelt und die Gesellschaft.“
Umso höher sind die eingereichten Arbeiten zu bewerten, die sich der großen Herausforderungen gestellt haben. Um überhaupt zu einer Lösung zu kommen, mussten sie selber eine Haltung – eine Attitude – einnehmen.
Neue Stoffe und Schnitte, Secondhand und Recycling
Melanie Gros hat rechteckige Stoffe zu Kleidern drapiert. So werden beim Zuschnitt rund 20 Prozent Abfall vermieden. Die anspruchsvolle Realisierung ist so brilliant, dass der jüngsten Teilnehmerin des FASH 2008 und Studentin des vierten Semesters an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin der 1. Preis zugesprochen wurde. Aus Stoffabfällen haben Lauren Gilfillan, Laura Turner und Esther Muir von der Grays School of Art, Robert Gordon University, aus Aberdeen/Schottland wunderbare Kleider geschaffen und damit den 2. Preis errungen. Frauke Buschmeyer von der Hochschule für Künste Bremen hat mit ihrer starken und neuen Ästhetik Lieblingsteile geschaffen die viele Jahre getragen werden – Müllvermeidung ist anerkannter Weise die effektivste Art die Umwelt zu schonen. Sie erhielt den 3. Preis des European Fashion Award FASH. Dass unsere postindustrielle Gesellschaft nicht mehr vom selben braucht, hat Otto von Busch erkannt. Der Doktorrand der Göteborg University stellt das Modesystem in Frage, jedoch nicht um es zu negieren, sondern um es zu erneuern. Er erhielt für seine Arbeit den Sonderpreis Modetheorie.
Eine Jury aus international erfahrenen Experten aus Design, Industrie, Marketing, Medien und Handel ermittelte die Preisträger nach vorab festgelegten Kriterien.
Susanne Fischer – Head of Marketing and Communications – ispo Group, Messe München, GmbH
Marcel Herrig – Unicut Design Limited, ShenZen, China
Ulrike Okbay-Reichert – Bereichsleitung Modeeinkauf, Otto, Hamburg
Joachim Schirrmacher – Büro für strategische Kommunikation, Hamburg
Joyce Thornton – Generation Now Editor, WGSN, London
Die Sieger wurden mit insgesamt 9.500 Euro Preisgeld prämiert – davon 2.500 Euro von der Otto Group. Hinzukommen Stoffgutscheine des Schweizer Textilverbandes im Wert von 2.500 Euro sowie bezahlte sechsmonatige Praktikumsplätze bei Falke (Schmallenberg), Schumacher (Mannheim) und einem Unternehmen der Otto Gruppe.
Die Dokumentationen aller Siegerarbeiten werden in der weltgrößten Bibliothek und graphischen Sammlung zur Kulturgeschichte der Mode und Kleidung, der Lipperheideschen Kostümbibliothek in Berlin, der Öffentlichkeit zugänglich sein.
Workshops zur Berufspraxis
Ausgezeichnete Kreativität ist die eine Anforderung an jeden Gestalter – das Wissen um Verträge, Kundenakquisition, Urheber- und Nutzungsrechte oder Honorare – sind andere wesentliche Voraussetzungen für einen erfolgreichen Designer. Nach dem großen Erfolg 2007 wurden daher während der ispo winter 08 wieder täglich sehr gut besuchte Workshops zu diesen berufsqualifizierenden Themen von der SDBI und dem Berufsverband Alliance of German Designers (AGD) angeboten.
Ausgezeichnete Arbeiten und Jurybegründung
1. Preis European Fashion Award – FASH 2008
Melanie Gros, „For Square“
4. Semester, Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin
4.000 Euro, sechsmonatiges dotiertes Praktikum bei einem Unternehmen der Otto Gruppe.
Das Viereck bildet die Basis dieser herbstlichen Kollektion für Frauen. Ihr Ziel ist ein Zuschnitt ohne Abfall. Statt die Schnittmuster dem rundlichen Körper anzupassen, drapiert „For Square“ Rechtecke am Körper. Auf diese Weise werden rund zwanzig Prozent Verschnitt eingespart. „For Square“ bietet Lieblingsstücke, die noch in zehn Jahren getragen werden. Trotz potentieller Langlebigkeit basieren die Silhouetten auf aktuellen großzügigen, fallenden und geraden Schnitten.
Die Hauptfarbe Schwarz (nach strengsten Richtlinien gefärbt) ist klassisch, massenkompatibel und schick. Die Stoffe sind fair gehandelt und stammen aus biologischem Anbau aus der Türkei. Sie variieren zwischen weichen und wärmenden Single Jersey, robusten Köper und voluminöser Wirkware.
Jurybegründung
Beim Zuschnitt fällt trotz modernster Technik immer noch rund 20 Prozent Abfall an. Dieses zumeist übersehene Problem hat Melanie Gros gelöst. Ihr Konzept, rechteckige Stoffe zu Kleidern zu drapieren, ist in der Realisierung höchst anspruchsvoll. Umso mehr ist die sowohl ästhetisch als auch funktionell brillante Umsetzung zu loben. Man ahnt nicht einmal mehr, dass die Kleider aus Rechtecken bestehen. Und dies nicht nur bei einem Outfit, sondern in der ganzen Kollektion; sogar Hosen wurden realisiert. Die Arbeit ist so stark, dass sie zu unterschiedlichen Gelegenheiten und Farben funktioniert.
Sicher: „Green is the new black“, schließlich ist Schwarz nach wie vor eine der problematischsten Farben für die Umwelt. Melanie Gros hat dennoch eine gute Balance zwischen Umwelt und Realität gewählt. Schwarze Kleider haben eine hohe Akzeptanz und werden entsprechend gut verkauft und lange getragen.
Die anspruchsvolle Aufgabenstellung umwelt- und sozialgerechte Mode mit eigener Haltung zu entwerfen, wurde sehr eigenständig und einfach gelöst. Es ist ein klar industrieorientiertes Design. Eine herausragende Arbeit, insbesondere für eine Studentin des vierten Semesters!
Jurymitglied Ulrike Okbay-Reichert, Bereichsleitung Modeeinkauf, Otto, Hamburg
2. Preis European Fashion Award – FASH 2008
Laura Turner, Lauren Gilfillan, Esther Muir „Eco Pogue Mahone“
6. Semester, Grays School of Art, Robert Gordon University, Aberdeen
2.000 Euro, Sechsmonatiges dotiertes Praktikum bei Falke, Schmallenberg
Stoffgutschein im Wert von 500 Euro sowie 100 Euro Reisekostenzuschuss vom Textilverband Schweiz
Pogue Mahone ist ein gälischer Kraftausdruck. Dass die Umwelt eben doch nicht egal ist, zeigt die Frauenkollektion „Eco Pogue Mahone“. Sie besteht aus Produktionsabfällen kostbarer „Tartans“; dem Schottenstoff mit seinen Clan-Mustern. Statt die Abfälle weiterhin auf einer Deponie zu entsorgen, werden sie zu einem neuen Stoff gewebt und genäht. Die entstanden Kleidungsstücke sind ebenso kreativ wie umweltfreundlich. Sie erinnern an eine Chaneljacke, statt an
Recyclingmode. Die einzigartige Jacke im Militärstil wird ergänzt durch einen Rock aus einem „Blue Ramsay“ Tartan. Ziel des Projektes ist es, die Arbeit und die Handwerkskunst, die in diesem groben aber stylishen Material steckt, hervorzuheben und damit die Geschichte Schottlands lebendig zu halten.
Jurybegründung
„Eco Pogue Mahone“ ist eine Kollektion mit einer starken Geschichte. Der gut gewählte Ausgangspunkt sind Abschnitte schottischer Tartanstoffe. Statt sie zu entsorgen, wurden sie in einzigartiger Weise zu einem neuen Stoff gefertigt. Die Kollektion zeigt die hohe entwicklerische Fähigkeit des Teams. Sie ist nicht nur technisch sehr gut realisiert, sondern auch von großer gestalterischer Kraft. Die humorvolle Interpretation wertet den traditionellen Stoff auf. Er erscheint
wieder jung, frisch und aktuell. Die Arbeit ist ein klares Bekenntnis zum arbeitsaufwendigen Kunsthandwerk und zu Schottland.
Jurymitglied Marcel Herrig, Unicut Design Limited, ShenZen, China
3. Preis European Fashion Award – FASH 2008
Frauke Buschmeyer „In den Ritzen sitzen die Krokodile“
Diplom, Hochschule für Künste Bremen
1.500 Euro, Stoffgutschein im Wert von 500 Euro sowie 100 Euro Reisekostenzuschuss vom Textilverband Schweiz
Die Diplomkollektion „In den Ritzen sitzen die Krokodile“ besteht aus Lieblingsstücken für individuelle Frauen zwischen 20 und 40. Sie sind angenehm auf der Haut und die Trägerin kann eine emotionale, fantasie- und liebevolle Beziehung zu ihnen aufbauen. Lieblingsstücke sind nachhaltig, da ihre Originalität sich nicht nach einer Saison verflüchtigt. Um dies Ziel zu erreichen, diente als Ausgangspunkt die unbeschwerte Perspektive der Kindheit, in der alltägliche Dinge voller Spannung sind. Vier Geschichten von einem Löwen, Krokodil, Pinguin und Eisbären inspirierten Illustrationen, Schnitte, Farbwelt und Stoffauswahl.
Die Arbeit ist zudem eine Suche nach dem eigenen Ausdruck zwischen lauter Expressivität und sensiblen Erahnen; sowie der Balance zwischen eigenen Gestaltungswunsch und emotionalen Bedürfnissen der Trägerin.
Jurybegründung
Frauke Buschmeyer setzt auf Müllvermeidung, die effektivste Art die Umwelt zu schonen. Der Weg der Realisierung wurde in beeindruckender Weise erarbeitet. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass Lieblingsteile viele Jahre gerne getragen werden. Doch wie schafft man Lieblingsteile? Sie wählte zur Inspiration starke emotionale Motive: Kinder und Tiere. Die vergleichsweise komplexe Kollektion spielt das Thema gut durch, ohne dass es sich zu sehr in den Vordergrund spielt. Es bleibt Mittel zum Zweck begehrenswerte Mode zu schaffen.
Die Kollektion hat eine sehr starke und neue Ästhetik: sie ist fröhlich und humorvoll, jung und elegant. Dies ist keine oberflächliche Mode, sondern selbstbewusste Gestaltung. Frauke Buschmeyer weiß offenkundig was sie will und kann einer Marke Identität verleihen. Zu loben ist nicht nur ihre konzeptionelle Stärke und gestalterische Kraft, sondern auch ihr handwerkliches Können bei der Realisierung neuer Schnitte.
Jurymitglied Joachim Schirrmacher, Büro für strategische Kommunikation, Hamburg
Anerkennung European Fashion Award – FASH 2008
Sara Fromm, Ilona Zaytseva „Symbiose“
6. Semester, Hochschule Pforzheim, Fakultät für Gestaltung
500 Euro, Sechsmonatiges dotiertes Praktikum bei Schumacher, Mannheim
Stoffgutschein im Wert von 500 Euro sowie 100 Euro Reisekostenzuschuss vom Textilverband Schweiz
Indira Gandhi gibt das Motto dieser Arbeit vor: „Auch in der feinsten Kleidung liegt keine Schönheit, wenn sie Hunger und Unglück mit sich bringt.“ Die Frauenkollektion „Symbiose“ wurde daher aus eine Kombination von Alt und Neu entwickelt, denn allein in Deutschland werden jedes Jahr rund 300 Millionen Kleidungsstücke ausrangiert, die noch tragbar sind.
Die Basis bilden industrielle Stickteile, die nach ökologischen und ethischen Vorgaben hergestellt werden. Sie sind in Form und Farbe klassisch, gut miteinander zu kombinieren und deshalb langlebig. Die Details und Muster stammen von Second-Hand Kleidung. Die Symbiose entsteht aus der Verfilzung beider Materialien. Dies ergibt eine von Kunden oft gewünschte Individualität. Zudem kann das Kollektionskonzept aktuellen Trends angepasst werden.
Jurybegründung
Was lässt sich mit Kleidung anfangen, die wir nicht mehr tragen? Sara Fromm und Ilona Zaytseva haben mit der Verfilzung gebrauchter Kleidung und Accessoires eine gute Lösung aufgezeigt. In ihrer Arbeit beweisen sie große Konsistenz. Ob Zeichnungen, Farb- oder Materialwahl: alles ist in sich stimmig. Well done!
Jurymitglied, Joyce Thornton, Generation Now Editor, WGSN, London
Anerkennung European Fashion Award – FASH 2008
Pia Heise „Im Nebel“
Diplom, Burg Giebichenstein – Hochschule für Kunst und Design
500 Euro, Stoffgutschein im Wert von 500 Euro sowie 100 Euro Reisekostenzuschuss vom Textilverband Schweiz
Die Diplomarbeit „Die Künstlichkeit des zivilisierten Lebens“ hinterfragt unsere Wirtschaftsordnung und was wir bedürfen, um glücklich zu sein. Und zwar jenseits der von Medien und Werbung beeinflussten Vorstellungen. Es gilt also die Sinne zu schärfen, denn ein sozial- und umweltgerechtes Verhalten beginnt im Kopf. Erst dann werden Maßnahmen ergriffen, die tatsächlich den Menschen und der Umwelt zugute kommen. Eine Lösung zu diesem Thema zeigt die Damenkollektion „Im Nebel“. Sie wurde mit ausrangierten Bundeswehr-Fallschirmen sowie gebrauchtem Leder und Pelz umgesetzt. Sie erhalten in der Kollektion ein zweites Leben.
Vorhandene Taschen, Aufsteppungen und Knopflöcher, Nähte und Bänder, Ringe und Leinen sowie Gebrauchsspuren werden als Gestaltungselement genutzt.
Jurybegründung
Die Kollektion „Im Nebel“ von Pia Heise lässt eher an Kunstwerke denn an Recyclingmode denken. Sie steht damit in der aktuellen Entwicklung der Annäherung des Designs an die Kunst. Die entworfene Kollektion ist stark und eigenständig.
Jurymitglied Susanne Fischer, Head of Marketing and Communications – ispo Group, Messe
Anerkennung European Fashion Award – FASH 2008
Pia Niewöhner „Uni(Form)“
8. Semester, Hochschule für Künste Bremen
500 Euro, Stoffgutschein im Wert von 500 Euro sowie 100 Euro Reisekostenzuschuss vom Textilverband Schweiz
Die uni-sex Kollektion „Uni(Form) Applike und Mechanismen des Gelsenkirchener Barock“ spielt mit der Alltagskultur des Ruhrgebiet. Hier entstand das Klischee vom „Gelsenkirchener Barock“. Der Begriff prägt und persifliert seit Anfang der 1930er Jahre das Phänomen der wilhelminischen Riesenmöbel in kleinen Arbeiterwohnungen. Und doch hat sich hier – wo nach einem Tag im Bergbau alle Arbeiter gleich schwarz, gleich „uni(Form)“ sind – an übersättigten Leibern eine
Ästhetik herausgebildet: Proleten und Assis, Feinripp und Jogginghose, Unisize und 5er pack, Kik und Tack. Der Entwurf beschränkt sich folglich auf eine (Über)Größe mit einer zweidimensionalen Formensprache. Gardinenbänder regulieren die Größe und sind verbindendes Element. Die Materialien stammen aus Geschäften wie „Monis Stoffparadies“, wo der Meter zwei Euro kostet. Aufgedruckte „Applikationen“ wie Taschen sind eine Parodie auf die Markenfixierung – dem Traum nach einem bessern Leben.
Jurybegründung
Designforschung findet nicht nur auf dem Papier, sondern – wie in anderen Disziplinen – auch praktisch statt. Pia Niewöhner ist mit ihrer Arbeit einen sehr eigenständigen Weg gegangen. Gerade in einer Zeit wo es fast nur noch um ein mehr vom selben geht, ist dies hoch zu loben. Trotz der Erforschung einer Ästhetik die gemeinhin als geschmacklos gilt, entstand eine starke Kollektion mit klaren Silhouetten und Proportionen. Sie ist in sich stimmig und funktioniert. Die Beschränkung auf nur eine Größe für beide Geschlechter ist eine Antwort für eine umweltgerechtere Mode.
Jurymitglied Marcel Herrig, Unicut Design Limited, ShenZen, China
Sonderpreis Modetheorie European Fashion Award – FASH 2008
Otto von Busch „Dale Sko Hack“
Doktorand, Göteborg University, 500 Euro
Das Projekt „Dale Sko Hack“ möchte das Verständnis für das Entstehen von Mode neu formulieren – jenseits von „Fair Fashion“. Denn Öko-Mode ist ein unauflösbarer Widerspruch in sich selbst. Es gilt vielmehr Design und Mode (als wichtige Stifter von Identität und großer wirtschaftlicher Bedeutung) zu erneuern, indem ihre Strukturen aufgebrochen und neu justiert werden, ohne dabei jedoch deren Kraft zu verlieren! In dem die Arbeiter mit ihren Fähigkeiten und ihrer Handwerkskunst nicht nur als Ausführende, sondern als Mitgestalter eingebunden werden, mutiert der Basisentwurf, so dass jedes Produkt einzigartig wird. Dies erfordert ein neues Verständnis von Design, als auch von Design Management. Das Projekt wurde in der „Dale Sko“ Fabrik in Norwegen zusammen mit sechs Modedesignern aus Norwegen durchgeführt.
Jurybegründung
Otto von Busch macht etwas, was nur selten in der Mode passiert: er reflektiert und zeigt Lösungsansätze auf. Er stellt in seiner Arbeit das gesamte Modesystem in Frage. Nicht um es zu negieren, sondern um es zu erneuern. Vor allem: Er stellt die richtigen Fragen. Dies ist schwierig, weil man nicht nur das System detailliert kennen muss, es braucht auch eine ausgeprägte Wahrnehmungs- und Interpretationskompetenz. Hierauf beruht die Güte eines Gestalters. Und es ist entscheidend für die Zukunft. Denn zu oft wird in der hektischen Welt der Mode an irrelevanten Problemen zwar nach allen Regeln der Kunst gearbeitet, aber eben am Ende nichts bewegt.
Seine Arbeit ist auch hoch zu loben, da Promotionen in deren Rahmen das ausgezeichnete Projekt entstanden ist – im Bereich Modetheorie sehr selten sind. Dabei ist es entscheidend, dass die Reflexion aus der Mode selbst kommt und die Deutungshoheit nicht anderen Disziplinen überlassen wird.
Jurymitglied Joachim Schirrmacher, Büro für strategische Kommunikation, Hamburg